Die Corona-Krise hat nicht nur weitreichende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, sondern auch auf die Psyche der Menschen. Nach Aristoteles sind Menschen, ohne soziale Interaktion, langfristig nicht überlebensfähig. Genau deshalb ist „Social Distancing“ eine so große psychische Belastungsprobe für uns. Laut Statista arbeiteten Anfang April fast 50 % der österreichischen Erwerbstätigen im Homeoffice, was zusätzlich zu den Ausgangsbeschränkungen und strengen Verhaltensregeln eine gravierende Einschränkung von Sozialkontakten bedeutet.

Obwohl viele Arbeitnehmer nun wieder ins Büro zurückkehren, ist noch lange nichts so wie früher. Die Arbeitswelt hat sich verändert, neue Arbeitsmodelle werden gefordert und neue Kernkompetenzen von Führungskräften und HR-Managern erwartet. Was genau sich verändert hat und wie wir darauf reagieren sollten, findest du in diesem Artikel.

 

Mit Empathie und lösungsorientiertem Denken Stress reduzieren

Die Veränderungen sowie die bedrückende Ungewissheit über die Zukunft, führen bei Arbeitnehmern zu erhöhtem psychischem Stress und Angstzuständen, was langfristig zu Burnouts oder Rückzugsverhalten führt. Beides wirkt sich negativ auf den Unternehmenserfolg aus. Um dieser Negativspirale vorzubeugen, sind emotionale Intelligenz und Empathie seitens der Führungsebene notwendig. Sie müssen sensibilisiert vorgehen und den Mitarbeitern Hilfestellungen für ihre Probleme bieten. Es braucht Raum, um Probleme anzusprechen und Ängste offen aussprechen zu können. Eine offene, transparente Kommunikation ist unabdingbar. Wer sich mit der Situation überfordert fühlt, darf keine Angst haben, Experten heranzuziehen oder Mitarbeitern die notwendigen Kontakte für gute Psychologen weiterzugeben. Sind fehlende Zukunftsaussichten oder Unsicherheit der Stressauslöser, kann die Führungskraft selbst zur Problemlösung beitragen, indem sie Ziele definiert und eine klare Richtung vorgibt. Weiters können Umsatzplanungen oder Fortbestehungsprognosen transparent gemacht und verständlich erklärt werden. Zielsysteme, wie die Formulierung von Mikro-OKPs (Objectives & key results) tragen zum Sicherheitsgefühl bei. In unsicheren Phasen empfiehlt sich generell eine engere Mitarbeiterführung in Kombination mit einem hohen Vertrauensvorschuss.

 

Work-Life-Balance im Homeoffice

Leider verschwimmt im Homeoffice oft Arbeit und Privatleben zu sehr miteinander, wodurch die Work-Life Balance gestört wird. Das ist eines der Hauptprobleme beim Homeoffice-Konzept. Bei einer im April durchgeführten Studie von Stepstone Österreich gaben 42% an, dass sich ihr Arbeitspensum während des Lockdowns erhöht hat und sie weniger Pausen gemacht haben. Zudem fällt es vielen schwieriger nach der Arbeit abzuschalten, da ein ständiger Druck besteht, dauerhaft erreichbar zu sein. Hier müssen Führungskräfte einschreiten und für klare Verhältnisse sorgen. Es braucht klare Regelungen, wann jemand erreichbar ist. Dass Regenerations- und Erholungszeiten wichtig sind, können Führungskräfte am besten zeigen, indem sie es vorleben.

Ein weiteres Problem ist, dass die Umstellung auf Homeoffice die Verteilung der Arbeit verändert hat. Einige Mitarbeiter, zum Bespiel im Bereich der Infrastruktur, landen im Boreout – andere wiederum in Überforderung. Hier müssen Führungskräfte versuchen, das Arbeitspensum gleichmäßiger zu verteilen oder ggf. auch Umstrukturierungen anstoßen.

 

Neue Arbeitsmodelle & mehr Flexibilität

Wer denkt, dass nach der Krise wieder alles beim Alten sein wird, liegt falsch. Die gestartete Entwicklung wird auch zukünftig voranschreiten. Eine Umfrage von karriere.at hat ergeben, dass 72 % auch nach der Corona-Krise die Möglichkeit auf wahlweise Telearbeit fordern. Ein solches „Hybridmodell“ wird von den Arbeitgebern begrüßt – bei der internationalen Studie „Defining New Era of Work“ der Adecco Group stimmten 74 % dafür. Des Weiteren werden nun vermehrt auch stundenbasierten Arbeitsverträge in Frage gestellt. Laut Ergebnissen derselben Studie wünschen sich 69 % der Befragten zukünftig ergebnisorientierte Verträge, die auf dem Erreichen von definierten Zielen beruhen. Wer jetzt umstellt, hat im Recruiting die Nase vorne!

 

Die Arbeitswelt ist schon seit Jahren im Wandel. Die Corona-Krise wirkt jetzt wie ein Katalysator. „New Work“ ist mehr auf die IT begrenzt, sondern in der breiten Masse angekommen. Der Wunsch nach neuen Arbeitsmodellen ist größer denn je und erfordert auch eine Weiterentwicklung der Führungskräfte und Personaler. Wie führt man Remote Teams? Wie schaffe ich eine sinnstiftende Arbeit und motiviere damit meine Mitarbeiter? Wie bringe ich Flexibilität in das Unternehmen und kann diese an meine Mitarbeiter weitergeben? Auf diese Fragen gibt es längst gute Antworten und Lösungen – jetzt ist es an der Zeit, diese umzusetzen!

 

 

Über den Autor:

Paul Stanzenberger ist Gründer und Geschäftsführer der teamazing GmbH in Österreich und Deutschland. Daneben ist er Lehrbeauftragter der Lehrveranstaltung „Führungspraxis“ auf der Karl Franzens Universität Graz.