Krisen, wie wir sie aktuell erleben, entwickeln in einigen Fällen eine gewaltige Kraft, die für Unternehmen durchaus zum Vorteil werden kann. Unter anderem besteht diese Kraft darin alltägliche Strukturen in Organisationen aus den Angeln zu heben und damit von einem Tag auf den anderen das scheinbar Unmögliche möglich zu machen. Teilweise wird dabei sogar über echten Kulturwandel gemunkelt und auch die Forschung zu vergangenen Krisen lässt hoffen: Krise stößt Innovation an (DIHK, 2009).

Doch wie ist das möglich? Man könnte meinen: Not macht erfinderisch. Aber nur die Not allein ist es nicht. Es braucht im Unternehmen KönnerInnen, die in der Lage sind, die auftretenden Problem zu erkennen, scharf zu stellen und Ideen als Antwortversuche zu kreieren und zu testen (Wohland & Wiemeyer, 2012). Damit diese Talente jedoch ihr Können optimal zur Anwendung bringen, braucht es eine entsprechende Kultur, die den notwendigen Raum für die Entfaltung des Könnens gibt. Welche Kultur dafür geeignet ist, richtet sich dabei nach dem jeweiligen Problem, das gelöst werden will, und ist daher in der Organisation oft von Bereich zu Bereich unterschiedlich.

Gerade hochdynamischen Kontexte, wie wir sie beispielsweise in der Krise erleben, sorgen oft dafür, dass bestimmte „kulturelle Normen“ fallen und sich somit unterschiedliche Kulturen in den Bereichen leichter entfalten können. Die Konsequenzen sind oft unerwartete Überraschungen: Die Angestellte im Gastro-Betrieb, die während Corona für das Restaurant eine Gutschein-Aktion ins Leben ruft oder der IT-Mitarbeiter, der im Zuge der Umstellung auf bestimmte online-tools die Effizienz von Meetings und Abstimmungsprozessen verbessert. Plötzlich kommt einiges ins Rollen. Allerdings sollte man sich davon nicht täuschen lassen: ist der Ausnahmezustand vorbei, kann es ganz schnell wieder zurück zum status quo gehen und das aufgeflackerte Potenzial wird für die Organisation in den gewohnten Strukturen nicht mehr greifbar.

Das, was Hochleistungsorganisationen von Ihren Mitbewerbenden unterscheidet ist, dass sie sich intensiv mit dem status quo der Organisation und Kultur auseinandersetzen. Dabei steht der Versuch im Mittelpunkt, bewusst unterschiedliche Kulturen miteinander unter einem Dach zu vereinen, statt die Kultur gleichzuschalten. Die Organisation wird also als etwas Lebendiges betrachtet, das sich mit den zu bewältigenden Problemen nachhaltig mitentwickelt. Die gute Nachricht ist: diese Beschäftigung kann jederzeit auch ohne Krise angestoßen werden. Was aus organisationspsychologischer Sicht dahinter steckt und wie eine solche Entwicklung in der Organisation gelingen kann, werden wir gemeinsam in unserer Session am 14.10. reflektieren.

Über die Autorin

Viktoria Lanthier ist systemische Organisationsberaterin im Kontext new work & zertifiziere Arbeitspsychologin. In Ihrer Arbeit beschäftigt sie sich vor allem mit Themen rund um organisationalen Wandel in dynamischen und komplexen Umwelten und unterstützt Teams und Einzelpersonen (von der Mitarbeiter- bis zur Vorstandsebene) in ihren Entwicklungsprozessen. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist dabei die moderne Organisationsberatung, die sich auf die Wertschöpfung fokussiert und die passende Kultur als Nebenwirkung entstehen lässt.