Traditionell oder kollaborativ? Immer mehr Unternehmen erkennen, dass das klassische Gehaltsgespräch ausgedient hat – so hinterlässt es bei vielen Mitarbeitenden ein Gefühl des „Ausgeliefertseins“. Zudem ist oft Verhandlungsgeschick gefragt – wer es hat, bekommt mehr, wer nicht, geht leer aus. Gerecht geht anders. Doch was ist eigentlich gerecht? Auch wir bei borisgloger stellten uns diese Fragen und haben als Konsequenz vor rund vier Jahren die Gehaltsgilde ins Leben gerufen. Unsere Idee: Mitarbeitende, die intensiv miteinander zusammenarbeiten, vermögen sich gegenseitig fairer zu beurteilen als eine einzelne Führungskraft.

Mitarbeitende nehmen Gehaltsprozess selbst in die Hand

Die Gilde besteht aus im Unternehmen gewählten Personen, die jedes Team und jedes Level (zum Beispiel Management Consultant, Senior Consultant) repräsentieren und damit einen Querschnitt der Organisation bilden. Nach sorgfältiger Vorbereitung trifft sich die divers aufgestellte Gilde von etwa 10 Personen an zwei bis drei Tagen möglichst aufeinanderfolgenden Tagen im Jahr. Auf Basis nachprüfbarer Kriterien sowie mit Hilfe agiler Vorgehensweisen (etwa das Schätzspiel Magic Estimation) legt sie die Gehaltserhöhungen sowie Beförderungen für jeden Mitarbeitenden des Unternehmens fest.

Die Aufgaben umfassen im Wesentlichen:

  • Einordnung der Mitarbeitenden im jeweiligen Level anhand nachprüfbarer Kriterien (Auslastung, Veröffentlichungen, methodisches Know-how, Führungskompetenz, Prozesskompetenz, Business Development/Sales, Continuous Development Feedback, Identifikation mit den Unternehmenswerten).
  • Feedback zur Leistung aller Mitarbeitenden in der Gilde einholen und dieses wertschätzend mit den Kolleg:innen besprechen. An diese Einordnung und das Feedback knüpfen wir Gehaltserhöhungen und Karrieresprünge für das kommende Jahr.

Viel Austausch notwendig, um Vertrauensbasis zu schaffen und zu halten

Damit ein solches Gehaltsmodell funktioniert, ist Transparenz das A&O: Informationsveranstaltungen, Umfragen sowie die konstante interne Kommunikation sind unserer Erfahrung nach Grundvoraussetzungen für das Gelingen. Diese Transparenz sollte das ganze Jahr über auch auf der persönlichen Ebene jedes Mitarbeitenden erfolgen, damit die Einschätzung von Selbst- und Fremdeinschätzung nicht zu sehr abweicht. Dafür eignen sich vierteljährliche Entwicklungsradargespräche mit den unmittelbaren Kolleg:innen.

Bei der Gehaltsgilde profitieren die Kolleg:innen einerseits von einer objektiveren Beurteilung durch mehrere Personen. Andererseits ist dies ein zweischneidiges Schwert: Etwa, wenn die Kolleg:innen einstimmig zu dem Ergebnis kommen, dass keine Gehaltserhöhung gewährt wird. So kann schnell das Gefühl entstehen, dass die eigene Leistung von anderen nicht gesehen wird und die Enttäuschung fällt größer aus im Vergleich zu einem klassischen Gehaltsgespräch.

 Der Gehaltsprozess entwickelt sich immer weiter

Wie bei allen agilen Prozessen, lebt auch die Gehaltsgilde vom Ausprobieren und Anpassen: Dabei erlangen wir oft positive Erkenntnisse, gleichzeitig passieren auch Fehler. Ein großer Schwerpunkt liegt deshalb auf der Reflexion am Ende der Gilde: Was lief gut, was weniger gut? Wo können wir nachbessern? Klar: Der Prozess kann stellenweise schmerzhaft und anstrengend sein und zum Teil auch als frustrierend empfunden werden. Jedoch lohnt es sich aus unserer Sicht, einen partizipativen Gehaltsprozess auszuprobieren. Denn von anderen Feedback zu erhalten, die im direkten Umfeld arbeiten, ist enorm wichtig für die empfundene Fairness.

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Über die Autorin:

Anita Hauck ist im Bereich People & Culture bei borisgloger consulting, eine der führenden Managementberatungen im Bereich des agilen Change-Managements und der agilen Produktentwicklung in der DACH-Region, tätig. In ihrer Funktion steuert die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin als HR-Allrounderin alle Personalprozesse für den deutschen und österreichischen Standort.

 


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