Neue Realität auch bei der Job- und Personalsuche: Künstliche Intelligenz (KI) hilft Personalverantwortlichen, langwierige Prozesse zu automatisieren und unterstützt Bewerber*innen bei der Suche nach dem perfekten Job.

Künstliche Intelligenz einfach erklärt

 Künstliche Intelligenz, kurz KI – ist eine Technologie, die menschliches Lernen auf Computer übertragen soll. Durch maschinelles Lernen sind IT-Systeme in der Lage, große Datenmengen zu analysieren, Muster zu erkennen und davon Schlussfolgerungen und Handlungen abzuleiten. In unserem Alltag ist KI mittlerweile angekommen, ob als personalisierte Werbung, Gesichtserkennung am Smartphone, personalisierter Social-Media-Feed oder Navigationssystem. KI-Systeme helfen bargeldlose Zahlungen vor Betrug zu schützen, liefern Grundlagen für datengestützte Entscheidungen – vom Finanz- bis zum Gesundheitswesen, bieten Lösungen im Kundenservice und auch dafür, Arbeitsabläufe zu automatisieren. In nahezu jedem Bereich unseres Lebens spielt KI bereits eine Rolle, die Job- und Personalsuche bildet da keine Ausnahme mehr.

KI im Recruiting

Recruiting funktioniert dank der menschlichen Fähigkeit, durch Kommunikation und Interaktion das Können, die Persönlichkeit und die Motivation seines Gegenübers einschätzen zu können. Dabei geht es um Bauchgefühl, das Deuten nonverbaler Signale und gleichzeitig um das möglichst objektive Bewerten von Erfahrung und Können. Ein solcher Entscheidungsprozess braucht Zeit – und ist fehleranfällig. Kann KI hier unterstützen? Ja. KI kann in folgenden Bereichen hilfreich sein:

  • Erstellung der Stellenanzeigen: Auf Basis maschineller Datenanalysen werden Anzeigen so gestaltet, dass sie besonders attraktiv erscheinen und die richtigen Talente ansprechen.
  • Bei der Entscheidung, über welche Kanäle ein Unternehmen eine Stellenanzeige verbreitet
  • Eingehende Bewerbungen können von einem KI-Tool analysiert und Lebensläufe nach Qualifikationen durchsucht werden, die auf die jeweilige Stelle passen.
  • Auch automatisierte und KI-gestützte Bewerbungsgespräche werden immer beliebter.

Mittlerweile bietet z.B. IBM mit IBM Watson® Recruitment (IWR) eine Anwendung, die die kognitiven Fähigkeiten der KI „Watson“ nutzt, um die Talentakquisition zu optimieren. Recruiter können IWR nutzen, um die Fähigkeiten von Kandidat*innen mit den Anforderungen des Unternehmens abzugleichen und Bewerber*innen mit der größten Erfolgsprognose zu identifizieren. IWR lernt dabei aus historischen Daten, die das Unternehmen zur Verfügung stellen muss (Mitarbeiterinformationen, Stellenhistorie und Stelleninformationen, welche die erfolgreichen Mitarbeiter*innen des Unternehmens sind etc.) und kombiniert diese mit aktuellen Anforderungs- und Bewerberdaten um daraus einen Match-Score zu berechnen. Die KI prüft Attribute wie Fähigkeiten, Ausbildung, Erfahrung und Zertifizierungen des*der Kandidat*in und unterstützt Recruiter dabei, zu priorisieren.

Dialogorientierte KI bei der Jobsuche

Im Recruiting ist immer öfter von dialogorientierter KI die Rede und auch StepStone arbeitet bereits an „Mya“, einer Lösung, die in Kürze in einem ersten Schritt in Deutschland zum Einsatz kommen soll. Mya revolutioniert den mühsamen Prozess der Online-Jobsuche und die Art und Weise, wie wir mit Jobsuchenden kommunizieren: Mya kann chatten, ist aber mehr als ein Chatbot, sie ist vielmehr ein textbasiertes Dialogsystem. Sie ist nicht durch eine bestimmte Anzahl vorgeschriebener Antworten eingeschränkt, sondern nutzt künstliche Empathie, um herauszufinden, was ihr Gegenüber braucht. Bei einer komplexeren dialogorientierten KI wird das maschinelle Lernen so optimiert, dass viel nuanciertere Diskussionen über Themen möglich sind. Dialogorientierte KI spuckt also nicht nur den passenden Job zu einem Schlagwort aus, sondern schlägt aufgrund von Fähigkeiten und Kompetenzen auch ganz andere Möglichkeiten vor. So hilft sie auch, den passenden Job zu finden.

ChatGPT und Recruiting

Seit Anfang des Jahres ist ChatGPT in aller Munde. Der hoch entwickelte Chatbot von „Open AI“, kann sich mit Menschen textbasiert unterhalten und selbst Texte aller Art produzieren. Richtig genutzt, kann das hochentwickelte Tool zumindest erste Versionen von Texten für Anzeigen, Employer Branding oder Leitfäden für Bewerbungsgespräche erstellen. Damit übernimmt es zeitintensive Prozesse und ermöglicht HR-Professionals, sich auf andere Aufgaben zu konzentrieren.

Es braucht nur ein wenig Übung, um etwas Besseres als oberflächliche Texte und Einheitsbrei zu erhalten.

Die fünf größten Hürden für KI im Recruiting

  1. Die Angst vor dem Unbekannten: KI verarbeiten mitunter Daten von Mitarbeiter*innen und Bewerber*innen. Aber nicht alle sind einverstanden damit, dass ihre Lebensläufe und Leistungsdaten von KIs gelesen und verarbeitet werden.
  2. Mangelndes internes Fachwissen: 90 Prozent der österreichischen Unternehmen haben KI noch nicht in Betracht gezogen. Von den 10 Prozent, die KI zwar in Betracht gezogen, aber noch nicht im Einsatz haben, nennt laut einer Erhebung der Statistik Austria der Großteil „mangelndes internes Fachwissen“ als die größte Hürde.
  3. Fehlende Kontextualisierung: KI kann Schwierigkeiten haben, Kandidat*innen mit einzigartigen Hintergründen und Erfahrungen zu bewerten, da hier zu wenig Daten vorliegen, um eine gestützte Einschätzung abzugeben.
  4. Bias: auch Künstliche-Intelligenz-Systeme können einen Gender Bias haben, weil sie ja eben auch von Menschen programmiert wurden.
  5. Datenqualität: Die KI-Algorithmen sind nur so gut wie die Daten, die ihnen zugrunde liegen. Wenn die Daten nicht aussagekräftig genug sind, kann dies zu ungenauen Ergebnissen führen.

Die zahlreichen Vorteile der modernen Technologie liegen auf der Hand: Künstliche Intelligenz vereinfacht den Rekrutierungsprozess in allen Phasen, sowohl auf Seiten der Personalverantwortlichen als auch auf Seiten der Jobsuchenden. Richtig eingesetzt kann die Automatisierung von Aufgaben Recruiter*innen viel Zeit ersparen und Bewerber*innen helfen, die passenden Jobangebote zu finden. Gerade im Recruiting – also bei der Suche nach geeigneten Menschen für das Unternehmen – darf der menschliche Faktor aber nicht vergessen werden. KI-Tools sind kein Ersatz für die menschliche Perspektive und können reale Gespräche und Erfahrungen zwar ergänzen, aber sicher nicht ersetzen. Sich blind und ausschließlich auf automatisierte Prozesse zu verlassen, birgt ein hohes Risiko und kann zu unnötigen Fehlern führen, die sich gute Recruiter*innen bei der Suche nach heiß umkämpften Talenten nicht leisten können – und wollen.

Über die Autorin
Unternehmenskultur

Corina Drucker ist als Kommunikationsexpertin verantwortlich für Content und Communications bei StepStone Österreich.  Corina führt regelmäßig Studien rund um den Arbeits- und Bewerbermarkt durch und teilt spannende Insights mit HR-Expert*innen. Ihr Fokus liegt auf den Trends der HR, aktuellen Auswirkungen der Pandemie sowie Employer Branding in Zeiten knapper Talente.