Hybrides Arbeiten wurde durch landesweite Lockdowns in Pandemiezeiten teilweise radikal erzwungen und auf eine breite Unternehmensmasse ausgeweitet. Eine Rückkehr auf rein bürobasiertes Arbeiten scheint aktuell unmöglich und der Arbeits- und Führungsalltag ist von grundlegenden Veränderungen geprägt. Dadurch verändert sich das Aufgabenfeld von Führungskräften, weg von klassischer Steuerung und Kontrolle (Management-Fokus) hin zum Ermöglichen und Entwickeln (Coachen).

Paradigmenwechsel durch hybride Führung

Hybrides Arbeiten bringt eine Reihe an neuen Herausforderungen mit sich, die vor allem die Erwartungshaltung und Anforderungen an Führungskräfte verändern.

Es wird deutlich, dass sich Führungskräfte von der Vorstellung verabschieden müssen, nach welcher die reale Präsenz der Mitarbeiter:innen das Level an erbrachter Leistung bestimmt. Die Rolle einer allen übergeordneten Führungsperson, die kraft ihrer Position in der Unternehmenshierarchie Ziele vorgibt und Leistungsoptimierung des Einzelnen durch Kontrolle zu erreichen versucht, greift in hybriden Arbeitswelten nicht mehr. Aufgrund der räumlichen (und ggf. zeitlichen) Distanz zur Führungsperson wird von Mitarbeitenden automatisch ein erhöhtes Maß an Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Selbstdisziplin wird gefordert. Sowohl der persönliche Handlungs- als auch der Entscheidungsspielraum erweitern sich. Demnach besteht für Führungskräfte die Herausforderung darin, das Paradigma der Kontrolle loszulassen und stattdessen ein ergebnisorientiertes, vertrauensbasiertes Führen zu praktizieren, um dadurch Mitarbeitenden Selbständigkeit und Eigenverantwortung in ihrer täglichen Arbeit zu ermöglichen und beim Entwickeln der hierfür erforderlichen Kompetenzen zu unterstützen.

Entscheidungen abgeben

Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch, dass die Führungskraft der grundsätzlichen Überzeugung sein muss, dass der/die Mitarbeiter:in fähig und auch willentlich ist, selbständig Entscheidungen zu treffen und dafür auch den Raum für persönliche Reflexion und Lösungsfindung zulässt. Die Führungskraft ist gefordert, in passenden Situationen aus der Entscheidungsrolle zurückzutreten und die/den Mitarbeiter:in bei der selbständigen Lösungsfindung zu unterstützen – Führungsansätze, die den Grundpfeilern von Coaching entsprechen.

Folgende Haltungsgrundlagen können dem Coaching-Ansatz zugeschrieben werden:

  1. Wertschätzung und Respekt dem/der Mitarbeiter:in sowie dem Anliegen/dem Problem gegenüber
  2. aktives Zuhören
  3. eigene Meinung zurückhalten und Ratschläge vermeiden
  4. kreatives Fragenstellen auf Basis von offenen (W-)Fragen
  5. komplexe Zusammenhänge festhalten und wiedergeben

„A leader must know when to lead, when to coach, when to facilitate, and when simply to support.” (Bolden & O’Regan, 2016, S. 443). Eine neue Führungsauffassung äußert sich dabei in der Aufgabe von Führungskräften, eine Coaching-Haltung einzunehmen und die Rolle als Coach in den Führungsalltag einfließen zu lassen, wie auch die aktuelle Studie des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter bestätigt (IFIDZ, 2022).

Ein multiples Rollenspiel

In der Rolle als Coach ist die Führungskraft bemüht, Mitarbeitenden mithilfe von gezielt ausgewählten Fragen dabei zu unterstützen, Schwierigkeiten und Probleme aus anderen Perspektiven zu betrachten und gewohnte Denk- und Handlungsmuster zu durchbrechen, um am Ende selbstverantwortlich zu einer Lösungsfindung zu kommen. Die Expert:innenaufgabe, nach welcher Führungskräfte Ratschläge erteilen und als Allwissend gelten, wird dabei abgelöst, die Weiterentwicklung der Mitarbeiter:innen wird ermöglicht und in den Mittelpunkt gestellt.

Damit hat sich die Rolle der klassischen Führungspersönlichkeit zu einem multiplen Rollenspiel entwickelt. Die Betonung liegt nunmehr auf der Gestaltung von Beziehungen zu Mitarbeiter:innen und darauf aufbauend auf individuell abgestimmten, situationsbedingten Führungsstilen bzw. -praktiken. Eine moderne Führungspersönlichkeit erfüllt mehrere Rollen, die es gilt, je nach Situation und Reife des Gegenübers, adäquat einzunehmen.

Über die Autorin
hybrid

Lisa Volleritsch

Lisa Volleritsch ist als People & Culture Managerin in der Kreativbranche für Heimat Wien, Erna Productions und Freude Studios tätig und widmet sich zudem ihrem Herzensprojekt „Institut für Luft nach Oben“. Sie hat sich immer schon für Veränderungen und digitalen Wandel interessiert und dabei vor allem für die richtige Begleitung des Faktor Mensch. Deswegen hat sie ihre Masterarbeit an der FHWien der WKW zum Thema hybrider Führung und Coaching geschrieben.

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