Wir alle haben diese Geschichten bereits in der Zeitung gelesen. Die Geschichte des Krankenhausarztes, der die Uni nur von außen kennt; des Kapitäns, der ohne Seemannspatent das Steuerrad übernimmt; der Juristin im Ministerium, die keinen Studienabschluss hat. Und immer stellen wir die Frage: „Wie konnte das passieren?“

Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, wie es dazu gekommen ist. Ich weiß aber, wie es nicht passiert wäre. Pre-Employment-Screening (PES), also die Sicherheitsüberprüfung von Bewerbern vor Eintritt ins Unternehmen, hätte solche Bewerbungsbetrüger schon vor Dienstantritt enttarnt.

 

Screening als Instrument der Risikoreduktion

Bewerbungsbetrug ist eines der Risiken, die PES zu reduzieren vermag. Ebenso kann ein Screening finanzielle Verluste von einem Unternehmen abwenden. Sie würden wohl kaum einen Buchhalter einstellen, der es in der Vergangenheit mit dein und mein nicht so genau genommen hat, oder? Über den finanziellen Aspekt hinaus, trägt PES zum Schutz der Reputation des Unternehmens bei. Wenn Mitarbeiter, die als Unternehmensvertreter in der Öffentlichkeit auftreten, von ihrer zweifelhaften Vergangenheit eingeholt werden, so leidet in der Regel auch der Ruf des Arbeitgebers. Last but not least kann PES einen Safety-Beitrag (Arbeitssicherheit) leisten. Ein Screening kann sicherstellen, dass in gefährlichem Arbeitsumfeld nur Personen eingesetzt werden, die die erforderliche Verlässlichkeit aufweisen.

 

Rechtliche Grenzen

Die Bedeutung von Privatsphäre- und Datenschutz hat in der letzten Zeit zugenommen. Das rechtliche Korsett der Informationssammlung wurde zuletzt durch die DSGVO enger gezogen. Es stellt sich somit die Frage, in welchem Ausmaß ein Bewerber „durchleuchtet“ werden darf.

PES hat sich den datenschutzrechtlichen Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und der Datensparsamkeit zu unterwerfen. Informationen über Bewerber dürfen also nur in jenem Umfang eingeholt werden, den der Zweck der Sicherheitsüberprüfung rechtfertigt. Zudem muss die Informationssammlung auf ein Minimum begrenzt sein.

 

Screening muss angemessen sein

PES darf daher nicht dem One-Size-Fits-All-Ansatz folgen, bei dem ein einheitliches Programm der Informationssammlung gefahren wird, egal welche Stelle zu besetzen ist. Um den datenschutzrechtlichen Ansprüchen gerecht zu werden, muss ein Risikoprofil der zu besetzenden Position ermittelt werden. Dieses zeigt den potentiellen Schaden an, der von einem Mitarbeiter an der betreffenden Stelle verursacht werden kann.

Aus dem Risikoprofil der offenen Position leitet sich ab, welche Faktoren bei einem Screening im konkreten Fall relevant sind (Screeningbreite) und mit welcher Intensität diese Faktoren zu untersuchen sind (Screeningtiefe). Damit wird die Angemessenheit von PES sichergestellt, die auf der einen Seite dem berechtigten Informationsinteresse des Arbeitgebers Rechnung trägt und andererseits den Bewerber vor einem „Privatsphären-Striptease“ schützt.

Wie Sie das Risikoprofil einer Stelle ermitteln, dabei rechtlichen Fallstricken aus dem Weg gehen und welche Informationsquellen Sie bei einem Screening anzapfen können, erfahren Sie bei meinem Vortrag beim HR Inside Summit am 10. und 11. Oktober 2018 in der Wiener Hofburg.

 

Über den Autor

Mag. Bernhard Maier, MA, Jahrgang 1972, studierte Politikwissenschaft sowie Security- und Risikomanagement in Wien. Seit 1997 ist er als Berufsdetektiv selbstständig. Seine Auftraggeber sind
schwerpunktmäßig der Finanzwirtschaft zugehörig. Bernhard Maier ist gerichtlich beeideter Sachverständiger, zertifizierter Betrugsermittler (CFE) und Risikomanager (ISO 31000). Im September 2017 erschien sein Buch ‚Pre-Employment-Screening: Ein risikobasierter Praxisleitfaden zur Bewerberüberprüfung im Personalauswahlverfahren‘ im Boorberg Verlag.