Trotz Change Management sind viele Veränderungsinitiativen gescheitert. Heute versuchen wir Unternehmen (digital) zu transformieren. Aber auch damit lassen wir Strategien ins Leere laufen, solange Unternehmenskultur keine Beachtung findet. Wie wär´s also mit Culture Hacking!

Jede Organisation hat sie, doch kaum jemand kennt sie wirklich: die eigene Organisationskultur. Stets unsichtbar am Werk, kann sie wie von Zauberhand wahre Energien im Unternehmen freisetzen. Gegen den Strich gebürstet, verkümmern selbst die besten Initiativen zu netten Ideen.

Kultur ist wie Seife …

Fragen Sie mich bitte nicht, wer oder was diese Unternehmenskultur eigentlich sein soll. Selbst nach fünf CorporateCultureCamps bleibt als Ergebnis nur die Metapher:

Kultur ist wie Seife. Kaum glaubt man sie endlich zu begreifen, flutscht sie einem schon wieder durch die Finger.

Eine der Kultur-Pioniere Geert Hofstede beschreibt sie als „Betriebssystem der Organisation“. Doch so einfach ist die Sache auch wieder nicht – denn jede Organisation hat nicht nur EINE Kultur – sondern gleich ganz VIELE. Alle zusammen bilden einen „typischen“, gemeinsamen, einzigartigen Kulturkorridor.

Jedenfalls kann ich Ihnen sagen, was Kultur definitiv nicht ist: nämlich NICHT die Summe aller Menschen und Persönlichkeiten im Unternehmen. Kultur ist eher das, was zwischen diesen Menschen durch und über Kommunikation entsteht. Konkreter wird’s mit der Kultur wohl nicht mehr.

Zu schwammig? Dann stellen sie Kultur ruhig ins esoterische Eck, halten Sie sich einfach nicht auf mit ihr! Konzentrieren Sie sich auf die echte, nachvollziehbare und messbare Personalarbeit. Sie wären nicht der oder die Erste, die möglicherweise erkennen muss: Das beste HR-Instrument, die beste Veränderungsinitiative wirkt nicht, wenn es der Kultur nicht gefällt.

… oder wie Wasser!

Kultur ist die Basis fürs Gelingen des Geschäfts – das ist mehr als das Erreichen der Jahresziele. Sie bildet die Basis für Wahrnehmung, Bewertung, Entscheidungen und Verhalten im Unternehmen. So springt sie z.B. überall dort verhaltenssteuernd ein, wo explizite Regeln oder Klarheiten fehlen. In dynamischen, kaum vorhersagbaren Zeiten kann das schon mal nützlich sein.

Aber wie kann man etwas Unsichtbares, Ungreifbares für sich nutzen und gestalten? Leider gibt es sie nicht, die „Schrauben, an denen man drehen kann“.

Vielleicht ist Kultur wie Wasser. Kraftvoll, aber nicht festzunageln. Und egal, was man mit ihr versucht anzustellen. Sie sucht sich immer ihren Weg. Wer also Kultur verändern will, muss den Rahmen und die Bahnen ändern, in denen sich Kultur vollzieht.

Culture Hacking als subversive Kunst der Umgestaltung

Wenn man Kultur als „Betriebssystem“ betrachtet, als unsichtbarer Quellcode hinter den Mustern des Alltags, so kann ist es von außen nicht veränderbar. Aber von innen! Ähnlich dem Computer Hacking gilt es die richtigen Tore zu finden und durch kleine Veränderungen große Wirkungen zu erzeugen. Nur im besten Sinne, versteht sich!

Computer Hacking will Aufmerksamkeit, will Diskussion, ist kreativ zerstörerisch, überraschend und oft auch eine Mischung zwischen Ernst und Spiel. Genau das ist Culture Hacking auch – und ist damit eine iterative, agile Vorgehensweise, Kultur zu pflegen und sich in gewünschte Richtungen entwickeln zu lassen. Ein Culture Hack ist eine kleine Aktion, die einen Unterschied im Umgang miteinander macht.

Also versuchen Sie es mal mit Culture Hacking: beobachten Sie Muster im Unternehmen und setzen Sie kleine Veränderungen um, zum Beispiel: Ändern Sie gewohnte Verhaltensweisen und lassen Sie sich dabei gerne „erwischen“ – räumen Sie ab heute immer ihre Kaffeetassen in den Geschirrspüler und lassen Sie andere gerne genau deshalb kurz warten. Oder: Verwenden Sie andere, neue Begrifflichkeiten für Bekanntes und geben diesem damit andere Bedeutungen.

Culture Hacking hat nicht die zerstörerische Umgestaltung der Kultur im Sinn, sondern möchte im Alltag positive Alternativen aufzeigen, neue Lesarten anbieten oder Tabus erkennbar machen.

Cultural Hacking can be understood as infiltration into systems and the changing of their coding. It is a critical, often even subversive game with cultural codes, messages and values. (Johannes M. Hedinger)

Unternehmenskultur gestalten: weniger tun, mehr lassen!

Wenn wir Kultur (be-)arbeiten wollen, brauchen wir also keine großen Ziele und detaillierte Pläne, die wir verbissen weitertreiben. Schon gar kein Projektmanagement mit klaren Projektzielen. Mit der Brechstange, per Verordnung oder vielen gutgemeinten Gestaltungsinitiativen werden wir in Unternehmen kaum mehr etwas bewegen.

Kultur wächst und re-produziert sich immer wieder neu. Genau darin liegt die Gestaltungskraft: Lassen. Sehen und achten, was da ist und sich darauf einlassen. Dinge zulassen und Gewünschtes verstärken. Altes belassen und Neues veranlassen.

Beim HR Inside Summit von 09.-10. Oktober wird uns Herwig mehr zum Thema „Riding the Beast: Wenn HR Unternehmenskultur entwickelt…“ erzählen – come and join!

Über den Autor:

Herwig Kummer ist seit über 25 Jahren in unterschiedlichen HR-Funktionen tätig, und seit mehreren Jahren beim Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touring Club. Kulturarbeit gehört zu seinen essentiellen Aufgaben als stv. Personalleiter und Organisationsentwickler beim ÖAMTC.  Zusätzlich setzt er sich in seinem HR-Blog www.personaleum.at regelmäßig mit Kulturphänomenen auseinander.