Mein Berufsleben begann mit einem Kulturschock. Als Physikerin komme ich aus einer Welt, in der nur zählt, was durch statistisch signifikante Messergebnisse bestätigt wurde. Nehmen wir zum Beispiel Albert Einstein. Wofür bekam der wohl seinen Nobelpreis? Für die Relativitätstheorie, antwortet da jeder spontan. Doch das ist falsch, denn die konnte zu seinen Lebzeiten nicht experimentell bestätigt werden. Stattdessen bekam er den Nobelpreis für die Erklärung des Photoelektrischen Effekts, der schon damals experimentell gut erforscht war, von dem man außerhalb der Physik aber kaum etwas hört. (Obwohl der für die Theorie und in der Anwendung natürlich auch sehr wichtig ist.)
In der Welt des Managements dagegen, insbesondere im HR-Bereich, arbeiten wir mit Modellen und Tools, die meist nur mit guten Argumenten, einzelnen Beispielen oder schönen Gleichnissen begründet werden. Zwar wurden sie von Spezialisten entwickelt, doch oft basieren sie nur auf deren persönlichen Erfahrungen. Ich empfand das als sehr unbefriedigend und auch etwas beunruhigend. Nachdem ich meinen ersten Schock überwunden hatte, begann ich, unser Vorgehen zu hinterfragen und suchte nach Antworten aus der Wissenschaft.
Die Positive Psychologie erforscht seit rund 20 Jahren, was Menschen und Organisationen brauchen, um sich zu entwickeln. Damit beantwortet sie genau die Fragen, die wir Personalentwickler uns stellen. Dieser neue Zweig der Psychologie konnte in kurzer Zeit viele Forscher für sich gewinnen und daher gibt es bereits viele Antworten auf spannende Fragen. Meistens geht es – vereinfacht gesagt – um das Glück. Was macht Menschen glücklich und was macht das Glück mit den Menschen?
Unternehmen können ihre Mitarbeiter nicht glücklich machen, denn Glück kommt von innen. Der individuelle Glückslevel wird von den eigenen Gedanken und Taten viel stärker beeinflusst als von äußeren Umständen. Dies sagt Sonja Lyubomirsky, die herausfand, dass ganz unterschiedliche Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Dankbarkeit Zeigen oder Sport Treiben den Glückslevel langfristig erhöhen können. Jeder muss für sich selbst herausfinden, wie das eigene subjektive Glücksempfinden verstärkt werden kann. Eine herausragende Rolle spielen dabei gute soziale Beziehungen. Zu ihren positiven Auswirkungen gibt es so viele Forschungsergebnisse, dass Shawn Achor sagt, die Unterstützung durch unser soziales Netzwerk ist einer der wichtigsten Faktoren für Erfolg und Exzellenz. Flow erleben, die eigenen Stärken weiterentwickeln und einsetzen, über das eigene Tun selbst bestimmen können und vor allem das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, sind weitere gut erforschte Aspekte für ein zufriedenes, erfülltes Leben.
Firmen können ganz gezielt Bedingungen schaffen, die ihre Mitarbeiter zu einem Verhalten anregen, das ihr Glückslevel erhöht. Firmen können ein Umfeld gestalten, in dem es den Mitarbeitern leichter fällt, eine positive Einstellung zu entwickeln oder zu behalten. Doch was müssen Firmen für eine solche glücksfördernde Umgebung tun? Fünf wesentliche Handlungsfelder werden durch das FIRMS-Design definiert. Dies ist auf ganz konkrete, klare Kriterien fokussiert, die von Firmen gut beeinflusst und gestaltet werden können und die – wie wir auf Basis der oben genannten und vieler weiterer Forschungsarbeiten sagen können – einen starken, wenn auch indirekten Einfluss auf Glück und Zufriedenheit der Mitarbeiter und damit auf den Erfolg des Unternehmens haben.
FIRMS-Design
Flow Flow-Erlebnisse ermöglichen
Involvement Mitarbeiter einbeziehen
Relations Gute soziale Netzwerke gestalten
Meaning Sinn erlebbar machen
Strengths Stärkenorientierung leben in Kultur und Führung
Bei Jägermeister arbeiten wir schon seit einiger Zeit an der Umsetzung des FIRMS-Designs. Tatsächlich haben sich die konkreten Handlungsfelder während der Umsetzungsphase herauskristallisiert und sind für uns immer klarer geworden. Wie weit sind wir bis jetzt in den einzelnen Handlungsfeldern gekommen? Was hat sich bereits bewährt? Wo besteht noch Handlungsbedarf? Dazu mehr in meiner Keynote am HR Inside Summit.
Über die Autorin
Claudia Rohde ist Leiterin Personalentwicklung der Mast-Jägermeister SE, ihr Verantwortungsbereich erstreckt sich über die gesamte Spannbreite der PE, von der Ausbildung bis zur Führungskräfteentwicklung. Als Quereinsteigerin aus der Naturwissenschaft verfolgt sie einen wissenschaftlich fundierten Ansatz, den sie in der Umsetzung pragmatisch mit den Bedürfnissen des Unternehmens in Einklang bringt.
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